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Private Daten – Unsere Spuren in der digitalen Welt – Teil 3

Unsere Daten: Pro und Contra

Unsere Daten kann man unter sehr verschiedenen Aspekten betrachten. Sie gehören mittlerweile zu den wertvollsten Rohstoffen unseres Jahrhunderts, durch sie bieten sich ungeahnte Möglichkeiten zum Beispiel der Steuerung und Überwachung von Prozessen. Aber getreu dem Motto ›Wissen ist Macht‹ verleihen sie demjenigen, der sie besitzt, Macht, etwa indem man damit Menschen kontrollieren und beeinflussen kann. Diese Daten sind Segen und Fluch zugleich. Im folgenden Abschnitt sollen einige dieser Aspekte näher betrachtet werden.

Der Wert der Daten

»Persönliche Daten sind das Erdöl des Internet und die neue Währung der digitalen Welt.«

Dieser bekannte Satz zeigt sehr deutlich, welchen Stellenwert persönliche Daten heute besitzen. Ablesen lässt sich das auch an wirtschaftlichen Aussagen und Prognosen. So schätzt die EU-Kommission, dass der EU-Datenmarkt (auf dem digitale Daten als aus Rohdaten gewonnene Produkte oder Dienste gehandelt werden) bis 2020 auf 84 Milliarden Euro anwachsen wird.

»Unentgeltliche Datenlieferungen aller führen zu nicht gekannten Gewinnen sehr weniger Digitalunternehmer und verstärken so das Ungleichgewicht zwischen ihnen und uns.«

Das im obigen Zitat angesprochene Ungleichgewicht ergibt sich u.a. dadurch, dass die ungeheuren Mengen an Daten zwar den sammelnden Konzernen bekannt sind, die Betroffenen aber in der Regel keine Ahnung haben, welche Daten über sie gesammelt, geschweige denn, welche Schlüsse daraus gezogen wurden.

Bedauerlicherweise hat die Europäische Union in der Richtlinie 2019/770 festgelegt, dass der Verbraucher die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen statt mit Geld auch mit der Bereitstellung personenbezogener Daten bezahlen kann.

Noch nie waren Daten so wertvoll wie heute, lässt sich doch mit ihnen vortrefflich Geld verdienen. Diese Gewinne spiegeln sich in den Börsenwerten der IT-Unternehmen wider, deren wichtigste Handelsware Daten sind. Beispielhaft seien hier die Börsenwerte für die GAFAM-Konzerne aufgeführt.

  • Alphabet, der Mutterkonzern  von  Google,  hat  mit  Stichtag 07.2020 einen Börsenwert von 966 Milliarden US-Dollar.
  • Apple hat mit Stichtag 08.07.2020 einen Börsenwert von 1581 Milliarden US-Dollar.
  • Facebook hat mit Stichtag 08.07.2020 einen Börsenwert von 647 Milliarden US-Dollar.
  • Amazon hat mit Stichtag 08.07.2020 einen Börsenwert von 1376 Milliarden US-Dollar.
  • Microsoft hat mit Stichtag 08.07.2020 einen Börsenwert von 1543 Milliarden US-Dollar.

Die Profiteure der Datensammlungen und ihre Argumente

Die großen Konzerne verdienen Milliarden mit den Daten ihrer Kunden. Durch den Zugriff auf diese Daten ist jedoch die Privatsphäre dieser Kunden massiv bedroht. Insofern steht für die Konzerne das Konzept einer geschützten Privatsphäre diametral zu ihrem Geschäftsmodell. Diejenigen, die von diesen Datensammlungen profitieren, deren Geschäftsgrundlage diese Daten sind, setzen alles daran, jegliche Bedenken gegen das Datensammeln zu zerstreuen. Hier einige der bekanntesten Zitate dazu:

»Sie haben keine Privatsphäre mehr. Finden Sie sich damit ab.« Scott McNealy, einer der Gründer von Sun Microsystems, machte 1999 diesen Ausspruch. Sein Kommentar zur nicht mehr zeitgemäßen Privatheit fand große Beachtung.

»Diese Privatsphäre, über die Sie so besorgt sind, ist eine Illusion. Alles, was Sie aufgeben müssen, ist ihre Illusion, nicht ihre Privatsphäre. Im Internet können Sie heute alles über ihren Nachbar finden, seine Kreditlimits, wo er arbeitet, wie er seine Raten zahlt und Vieles mehr.« Diese Äußerungen machte Oracle Chef Larry Ellison bei einem Fern-sehinterview in San Francisco (2001).

»Privatsphäre ist nicht mehr zeitgemäß.« Mit diesem Zitat reiht sich Marc Zuckerberg in den Reigen der großen Profiteure ein.

Von diesen Konzernen zu verlangen, sie sollten den Schutz der Privatsphäre achten, würde bedeuten, dass sie ihr Geschäftsmodell in Frage stellen, denn mit diesen Daten verdienen sie Milliarden. Sho­shana Zuboff, emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Harvard Business School, zieht den folgenden sehr treffenden Vergleich: »Von Überwachungskapitalisten zu verlangen, sie sollten die Privatsphäre achten oder der kommerziellen Überwachung im Internet ein Ende setzen, wäre so, als hätte man Henry Ford dazu aufgefordert, jedes T-Modell [ein Auto von Ford, dessen großer Erfolg auf der Massenfertigung beruhte] von Hand zu fertigen. Solche Forderungen sind existentielle Bedrohungen, die das Überleben der betreffenden Entität gefährden, weil sie deren Grundmechanismen in Frage stellen.«

»Alle wollen, dass ihre Kommunikation sicher ist – außer vor ihnen selber.«

Während die Konzernchefs einerseits aus gutem Grund den Schutz der Privatsphäre als nicht mehr zeitgemäß betrachten, versuchen sie mit einem anderen Argument die Nutzer dazu zu bewegen, doch genau ihnen ihre Daten anzuvertrauen. So stellt das Versprechen von Konzernen, die Daten seien bei ihnen sicher, ein Lockmittel dar, um eben in den Besitz dieser Daten zu kommen. Verschwiegen wird dabei wohlweislich, dass mit der Sicherheitsgarantie gleichzeitig ein Zugriff auf die Daten durch die Institution, die diese Sicherheit garantiert, verbunden ist.

Bruce Schneier, ein renommierter amerikanischer Sicherheitsexperte, beschreibt diesen Run auf die Daten sehr witzig, aber leider sehr zutreffend:

»Eric Schmidt will, dass Ihre Daten sicher sind. Er möchte, dass Google der sicherste Platz für Ihre Daten ist – solange es Ihnen nichts ausmacht, dass Google Zugriff auf Ihre Daten hat. Facebook will das Gleiche: Ihre Daten vor allen außer vor Facebook schützen. Hardware-Unternehmen sind nicht anders. Letzte Woche haben wir gelernt, dass Lenovo-Computer mit einem Stück Adware namens Superfish ausgeliefert wurden, das die Sicherheit der Benutzer brach, um sie für Werbezwecke auszuspionieren. Regierungen sind nicht anders. Das FBI will, dass die Leute eine starke Verschlüsselung haben, aber es wünscht den Backdoor-Zugang, damit es an Ihre Daten kommen kann. Der britische Premierminister David Cameron möchte, dass Sie gute Sicherheit haben, so lange sie nicht so stark ist, dass die britische Regierung ausgeschlossen ist. Und natürlich, die NSA gibt viel Geld aus, um sicherzustellen, dass es keine Sicherheit gibt, die sie nicht brechen kann. Unternehmen wollen Zugang zu Ihren Daten, um damit Gewinn zu machen; Regierungen wollen es aus Sicherheitsgründen, seien sie wohlwollend oder bösartig.«

Angesichts dieser Übermacht fällt es schwer, nicht zu resignieren. Doch auch wenn man sich vor dem Zugriff sowohl des Staates als auch der Konzerne nur bedingt schützen kann, empfiehlt es sich, trotz allem stets darauf bedacht zu sein, so wenig Daten wie irgend möglich preiszugeben. Unterstützung kommt hier von den Bürgerrechtsbewegungen, die immer wieder gegen diese Übermacht der Datensammler protestieren und sich für den Schutz der Daten der Bürger einsetzen.

Die Farce von den kostenlosen Diensten

»Google gibt seine Dienste weitgehend kostenlos weiter. Aus der Sicht des Einzelnen ist dies ein Geschäftsmodell, mit dem er oder sie leben kann. Aber darin liegt das Risiko: Die Dienste sind nicht wirklich kostenlos; sie kommen auf Kosten Ihrer persönlichen Daten.«

»Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt.«

»Kostenlose Inhalte […] sind der ›verfluchte Geburtsfehler des Internet‹. Man übersah, dass es nichts kostenlos gibt.«

»Wer immer einem ein kostenloses Angebot macht, ist verdächtig. Man sollte unbedingt alles ausschlagen, was sich als Schnäppchen, Prämie oder Gratisgeschenk ausgibt. Das ist immer gelogen. Der Betrogene zahlt mit seinem Privatleben, mit seinen Daten und oft genug mit seinem Geld.«

»Die Kostenfreiheit der Dienstleistungen ist somit eine Illusion. Wir bezahlen für den Service mit unseren Daten und, viel teurer, mit unserer Privatsphäre. Das Wohlfahrtsstaatsmodell la Silicon Valley ist mit einem Verlust persönlicher Freiheiten verbunden.«

Wer benützt sie nicht gerne, die vielen kostenfreien Dienste, wie z.B. die Google Suche, Google Maps, Google Mail, die vielen angebotenen Apps wie z.B. WhatsApp Messenger, Dropbox und viele mehr? Bequemlichkeit und der teilweise wirklich gute Service der vielen kostenlosen Dienstleistungen führen dazu, dass diese Angebote bedenkenlos angenommen werden. Privatsphäre und Sicherheit sind dagegen unwichtig.

»Im Umgang mit modernen Technologien sind vielen Nutzern in den vergangenen Jahren Fragen wie Datenschutz oder selbst das Bankgeheimnis zunehmend egal geworden – solange sie ihm einen Zusatznutzen bieten. Komfort steht da ganz oben auf der Liste.«

Barbara Wiesner; 2021

https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/de/f0/88/oa9783839456057.pdf

https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Zur einfacheren Lesbarkeit wurden die Quellenverweise entfernt.


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